Wohnungseigentumsgesetz Novelle 2022

Wohnungseigentumsgesetz Novelle 2022

Lange wurde darüber spekuliert, nun ist es so weit, ab 2022 tritt voraussichtlich die Novelle des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) in Kraft. Der Gesetzestext wird noch vor Weihnachten im Nationalrat behandelt, somit kann das Gesetz am 1. Jänner 2022 in Kraft treten.

Für Rund 650.000 Wohnungseigentumsobjekte in Wien kommt es damit zu grundlegenden Änderungen. Wir berichten vorab was geändert wurde, und auf was Sie besonders achten sollten.

Einfachere Beschlussfassung

Jede WEG kennt es, einige Wenige blockieren und schon geraten alle Pläne ins Stocken. Künftig wird es jedoch so sein, dass durch eine einfachere Beschlussfassung, das Durchsetzen von Maßnahmen durch Eigentümer vereinfacht wird. Wer nicht mitstimmt, kann nun nicht mehr einfach alles blockieren.

Bisher war für einen Beschluss der WE-Gemeinschaft eine einfache Mehrheit von mehr als 50% aller Miteigentumsanteile erforderlich. Neben der bisherigen Möglichkeit der Beschlussfassung durch die Mehrheit, gibt es nun eine zweite Variante.

Für einen wirksamen Beschluss ist auch eine Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen ausreichend, sofern diese Mehrheit zumindest einem Drittel aller Miteigentumsanteile entspricht. Wohnungseigentümer, die sich nicht an der Abstimmung beteiligen, haben in Zukunft weniger bremsende Wirkung als bisher. Eine qualifizierte Minderheit von Wohnungseigentümern kann somit Beschlüsse erwirken.

Das Ände­rungs­recht des ein­zel­nen Woh­nungs­ei­gen­tü­mers

Auch Vorhaben eines einzelnen Wohnungseigentümers, für die dieser derzeit noch die Zustimmung aller anderen Wohnungseigentümer braucht, sollen nicht mehr so einfach verhindert werden können wie bisher. Das Einstimmigkeitsprinzip gilt derzeit noch bei Änderungen, die ein einzelner Wohnungseigentümer durchsetzen möchte. Diese Vorgabe soll bei bestimmten Maßnahmen durch eine sogenannte Zustimmungsfiktion ersetzt werden. Die Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer gilt dann als erteilt, wenn diese nicht innerhalb von zwei Monaten nach Verständigung über die geplante Änderung widersprechen.

Ein solches „Schweigen als Zustimmung“ soll nach dem neuen § 16 Abs gelten für

  • behindertengerechte Ausgestaltung eines Wohnungseigentumsobjekts oder von allgemeinen Teilen der Liegenschaft,
  • Anbringung einer Vorrichtung zum Langsamladen eines elektrisch betriebenen Fahrzeugs
  • Anbringung einer Photovoltaikanlage an einem als Reihenhaus oder Einzelgebäude errichteten Wohnungseigentumsobjekt
  • Anbringung von sich in das Erscheinungsbild des Hauses harmonisch einfügenden Vorrichtungen zur Beschattung eines Objekts
  • Einbau von einbruchsicheren Türen

Klargestellt festgestellt werden muss aber, dass der Wohnungseigentümer die damit verbundenen Kosten und Folgekosten zu tragen hat.

Mindestrückrage

Um nötige Erhaltungsmaßnahmen der Liegenschaft ausreichend abzusichern, wird es ab 2022 auch eine verpflichtende Mindestrücklagen, die durch die Eigentümergemeinschaft zu bilden ist, geben. Diese soll 90 Cent pro Quadratmeter Wohnfläche betragen. Ziel der verbindlichen Rücklage ist, dass die Wohnungseigentümer etwa dringend notwendigen Sanierungsarbeiten eher zustimmen, weil das Geld für diese Arbeiten bereits in Form von Rücklagen vorhanden ist.

Datenschutz

Um Beschlussfassungen in der Praxis zu erleichtern, soll der Verwalter verpflichtet werden, die Kontaktdaten der übrigen Wohnungseigentümer zu diesem Zweck zur Verfügung zu stellen, nämlich Namen und Zustellanschriften der Wohnungseigentümer, an die der Verwalter auch Übersendungen nach § 24 Abs 5 WEG vornimmt, also jene Adressen, die ihm bekannt gegeben wurden. Noch ist im Gesetzesentwurf vorgesehen, dass der Verwalter für die Weitergabe von E-Mailadressen die Zustimmung einholen muss.

Insbesondere für diesen Fall, dass der Wohnungseigentümer dem Verwalter für die Verständigung eine elektronische „Kontaktadresse“ bekanntgibt, sollte der Verwalter auch davon ausgehen dürfen, dass – solange der Wohnungseigentümer nicht widerspricht bzw. eine Alternativadresse bekannt gibt – diese Kontaktadresse auch zur Weitergabe im Rahmen, der den Verwalter treffenden Auskunftspflicht herangezogen werden darf, ohne dafür eine gesonderte Zustimmung einholen zu müssen.

Hybridversammlungen

Die in § 25 Abs 2a WEG eingefügte Bestimmung räumt dem Verwalter die Befugnis ein, Wohnungseigentümern die Teilnahme an einer Präsenzversammlung auch über eine elektronische Zuschaltung zu ermöglichen (Hybridversammlung). Reine online-Meetings sind aber für eine Beschlussfassung nicht vorgesehen. Mehr als eineinhalb Jahre online-Praxis haben gezeigt, dass gut funktionierende Hybridversammlungen mit Einbindung aller Teilnehmer in die Diskussion technisch aufwändig und kostenintensiv sind.

Vorausgesetzt die Novelle tritt ab Jänner 2022 in Kraft, werden so mancher Eigentümer aufatmen, vielleicht kann nun das langersehnte Projekt tatsächlich realisiert werden.

Ob sich aber tatsächlich Erleichterungen für Eigentümer und Verwaltung einstellen werden, wird uns erst die Praxis zeigen.

Nicht jede Hausverwaltung kann und möchte den Anforderungen einer Wohnungseigentümergemeinschaft entsprechen. Oft fehlen hier die personellen Kapazitäten oder fehlt die fachliche Expertise. Um so mehr ein Grund, die Hausverwaltung mit Sorgfalt auszusuchen. Eine Anleitung zum Wechsel der Hausverwaltung, finden Sie in unserem letzten Beitrag des Procor Magazins.