Nachträglicher Balkonanbau im Wohnungseigentum

Das sollten Sie beim nachträglichen Balkonanbau im Wohnungseigentum beachten – unter Berücksichtigung der Wiener Bauordnung.

Die Nachfrage nach eigenen Freiflächen nahm in den letzten Jahren stetig zu und wird zunehmen zum Knock-Out Kriterium bei der Wohnungssuche. 

Der Wunsch zumindest einen Sessel und kleinen Tisch für eine Tasse Café oder einen Afterworkdrink auf den eigenen Balkon zu genießen, vielleicht auch eigene Kräuter zu ziehen oder durch Blumen die Wohnqualität zu erhöhen, wird immer größer. Kurz der Wunsch einen eigenen Balkon im Wohnungseigentum nachzurüsten, kommt schnell auf.

Auf den Wunsch folgt die Frage wie groß die Hürden sind, einen Balkon im Wohnungseigentum aufzurüsten. Dabei sind zwei Entscheidungs- bzw. Zustimmungsebenen zu beachten, die wir gerne näher ausführen:

Zustimmung aufgrund öffentlich-rechtlicher Grundlagen – Baubehörde

Seit der Novelle der Wiener Bauordnung im Jahr 2014 sind Balkonanbauten auch straßenseitig über Verkehrsflächen möglich. Damit werden Balkone jedoch auch Teil der Gestaltung des Orts- und Stadtbildes und müssen sich entsprechend einfügen. Um dies zu gewährleisten, werden geplante Balkone z.B. in Wien von der MA 19 hinsichtlich des Charakters und Kongruenz mit dem örtlichen Stadtbild überprüft. Für die Erteilung einer Bewilligung ist letztlich die Baupolizei, in Wien die MA 37, als Behörde verantwortlich. Allenfalls kann auch noch der Denkmalschutz ein Mitspracherecht haben. Die formalen Voraussetzungen (Planung, Einreichung) übernimmt oftmals ein Architekt oder das Unternehmen, das sich auf Balkonzubauten spezialisiert hat.

Zustimmung aufgrund wohnungseigentumsvertraglicher oder mietvertragsrechtlicher Grundlagen – Miteigentümer oder Vermieter

Der große Traum den eigenen Balkon nachträglich anzubauen, scheitert für viele an den fehlenden Zustimmungen aller anderen Eigentümern der Liegenschaft. Manche Eigentümer wollen ihren Platz an der Sonne nicht aufgeben und sorgen sich um mehr Schatten durch neue Balkone, andere haben kein Interesse an jeder Menge Lärm und Bauschmutz für einen Balkon, der jemand anderem gehört und nur dieser Person Freude bringt. Jedenfalls handelt es sich bei der Maßnahme um ein Vorgehen, dass unter § 16 Wohnungseigentumsgesetz fällt. Es haben daher alle Miteigentümer zuzustimmen. Sollte ein Miteigentümer seine Zustimmung verweigern, könnte versucht werden, diese über den Weg zum Gericht ersetzen zu lassen. Manchmal finde sich im Wohnungseigentumsvertrag bereits eine für Balkonzubauten vorausschauende Bestimmung, die diese Thematik regelt. Es ist daher zielführend zuerst im Wohnungseigentumsvertrag nachzulesen oder abzuklären, ob in der Vergangenheit bereits ein entsprechender „Vorratsbeschluss“ in dieser Sache durch die Eigentümer einstimmig gefällt wurde. Wenn dem nicht so ist, dann muss Überzeugungsarbeit geleistet werden. Es empfiehlt sich, den Eigentümern das Vorhaben anhand von konkreten Unterlagen darzustellen. Erfahrungsgemäß liegen die Vorbehalte in mangelnder Vorstellungskraft begründet. Wenn gezeigt wird, wo, was, wie gemacht werden soll, schafft dies Klarheit, Vertrauen und letztlich oftmals die benötigte Zustimmung.

Balkon anbauen im Wohnungseigentum – technisch möglich?

Bevor einem Balkon zugestimmt werden kann, ist zu prüfen, ob ein solcher überhaupt an dieser Liegenschaft angebracht werden kann. Dabei muss auch die Substanz, an welcher der Balkon angebracht werden würde, genau geprüft werden. Oft werden Balkone an Deckenträgern befestigt, was sich nicht für die Benutzung von großen Menschenmengen eignet. Es kommt nicht selten vor, dass Menschen von überladenen Balkonen stürzen. Daher gilt, besser vorher gut geprüft als nachher zu bereuen.

 

Verschiedene Arten des Nachrüstens

Grundsätzlich kann man bei der Balkonwahl zwischen drei verschiedenen Arten des nachträglich angebrachten Balkons entscheiden. Die erste Variante, der Vorstellbalkon, ist eher kostengünstig und wird mit Gleitwandankern mit der Außenwand des Hauses verdübelt. Diese Art bietet sich an, wenn die Bausubstanz eher schlecht trägt und die Fassade wenig belastet werden kann.
Die zweite Variante wird Anbaubalkon genannt und die Freifläche fest mittels zweier Stützen an der Hauswand verankert.
Die dritte Variante nennt sich freitragender Kragarm-Balkon, welcher mittels Konsolen und Zugstangen an einer Geschossecke montiert wird. Für einen solchen Balkon wird allerdings eine gut tragende Fassade benötigt.
Egal für welchen Balkon Sie sich entscheiden, eines ist klar: es müssen unbedingt immer Experten zu Rate gezogen werden, welche sich um Fragen der Statik, Bauordnungen und vieles mehr kümmern.